Alle Artikel in: Kunst

Empathie an das Verlieren

Erinnerung / Kunst

Es war eine der Ausstellungen, die auf den ersten Blick verloren wirkte. Die Werke hingen in einem temporär unbenutzten ehemaligen Verkaufsraum in Zehdenick, einer langsam sich entvölkernden Kleinstadt 60 Kilometer nördlich von Berlin. Der Verkaufsraum hatte sichtbar bessere Tage hinter sich, einige der häßlichen Platten, mit denen die Decke verschalt war, fehlten und gaben den Blick auf das Innenleben der Decke frei. An der blassgelb und pink gestrichenen Wand hingen Gemälde. Man sah immer wieder […]

Das Kloster der Moderne

Fotografie / Kunst

In Mailands gesichtslosen Randbezirken hat die Fondazione Prada in einem aufgelassenem Industriebau ihre Ausstellungsräume. Der Gebäudekomplex wurde von Rem Koolhaas überarbeitet, der Turm (torre) ist ein Neubau. Anders als in den Kreuzgängen der Klöster, in deren Abgeschiedenheit angesichts der überaus gewalttätigen Welt des Mittelalters Erfahrung des Friedens gesucht wurde, wird hier eine vielschichtige Kontemplation der Moderne offeriert, da die Kunstwerke mit dem Außen durch die offene Architektur in Beziehung stehen. (Foto 8: Copyright Stefan Hofmann)

Bescheidenheit guter Form

Architektur / Kunst

In der Nähe von Landshut liegt das Anwesen von Fritz König. Dort, in Ganselberg, waren nicht nur sein Wohnsitz und sein Gestüt, sondern auch sein Atelier. Auch wenn das Atelier scheinbar wie ein historisches Gebäude aussieht, sieht man doch bei genauerem Hinsehen Betonfundamente, skulpturale Plastizität der Türbeschläge und strengen Formwillen in den eisernen Bändern, die die Türflügel halten.

Pornografie des Barock

Berlin / Kunst

Auszug aus einem aktuellem Schreibprojekt. Hier geht es um die feinen Regeln der Darstellung, durch die Kulturen das Territorium der Prüderie abstecken. Die fragliche Plastik allerdings sprengt alle Grenzen zugunsten der Pornografie, wenn man die feinen Unterschiede in der Darstellung gewisser Organe als Erklärung liest, wie die Plastik zu deuten sei. Der weitere Text, der eine mögliche Lesart sehen will, ist, wie die Plastik, womöglich nicht jugendfrei:

Stadt der Träume

Fotografie / Kunst

Es gibt in dieser untergehenden Stadt, in deren oberen Geschossen die Fenster nachts zumeist dunkel sind und in der sich tagsüber Touristenmassen durch Gassen voller Restaurants und Cafés samt Ramschläden von Pakistanis mit Krimskrams und Kitsch für Touristen quälen, seit mehr als einem Jahrhundert die Biennale, verteilt in einem Park und einer ehemaligen Werft für Galeeren. 

Kalte Glätte

Architektur / Fotografie / Geschichte / Kunst

Nirgendwo tritt die merkwürdige Kälte des Modernen so zutage, wie in dem deutschen Weltausstellungspavillon 1929 in Barcelona. Es ist, als habe man einen unberührbaren Kristall erschaffen wollen, dessen reine Oberfläche die Gegenwart des Todes und der reinen Anschauung vereint. Dass diese architektonische Reduktion den Blick eines Mannes vollzieht, zeigt die im Hof eingeschlossene Statue einer nackten Frau. Den Fetisch des unberührbar Männlichen und Vollendeten hat sich ein späteres deutsches Regime zueigen gemacht ohne diesen Stil zu verwenden, […]

Rationale Strukturen alten Stils

Denken / Fotografie / Kunst

Das Eigenartige an rechtwinklig, funktionalen Formen ästhetischer Ordnung ist, dass manchmal ihre Struktur offenkundig gestrig erscheint. Gerade, rechter Winkel, Quadrat, das sind klare, wenige Formen. Zwar war seit der Antike mit der Fibonacci-Folge die Kurve eines Schneckenhauses darstellbar, aber erst mit der Mandelbrotmenge ist scheinbares Chaos rational berechenbar geworden. Jetzt haftet dem Design solcher schuhschachtelgleichen Strukturen etwas Archaisches an. Die Fragestellung der Romantik, die Schönheit jenseits damalig fast immer rechtwinklig rationaler Strukturen gesucht hatte, ist obsolet angesichts der heutigen Möglichkeit, in nahezu […]

Kunst in temporären Galerien

Fotografie / Kunst

Das Eigenartige an der Tätigkeit des Galeristen und Kurators ist, dass ihr Geschmack und ihre Klugheit die Verbindung zwischen Werken herstellen, die sonst wenig miteinander zu tun haben. Während Kuratoren manchmal politische und ideologische Kriterien einfliessen lassen sind Galeristen in ihrer Auswahl oft freier. Wenn sie eine angenehme Verkaufsausstellung arrangieren, fügen sie Werke zusammen, deren Zusammenspiel mehr zählt als die Summe einzelner Werke. Hier ist es eine temporäre Galerie in den Repräsentationsräumen einer alten Wohnung, die gleichzeitig die […]